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Baumeister B6: Kuratiert von Snøhetta

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Snøhetta beeinflusst derzeit die zeitgenössische Architektur wie kaum jemand anderes. Das Büro hat ein neues Projekt begonnen: BAUMEISTER CURATED im Juni 2021.

Die Beziehung zwischen Architektur und Natur ist Leitkonzept der Arbeit von Snøhetta, die ihr Büro nach einem Berg im Dovrefjell-Nationalpark benannt haben. Jetzt gestalteten die Partner und Teammitglieder von Snøhetta die Sonderausgabe des BAUMEISTER, die am 28. Mai 2021 erschien. Seit dem Wettbewerbsgewinn für die Bibliothek in Alexandria ziehen sich drei Themen wie ein roter Faden durch die Arbeiten von Snøhetta: eine intensive Auseinandersetzung mit dem Kontext, um ein starkes Konzept als Basis für den Entwurf zu entwickeln; das Thema Kultur – von Gebäuden und Räumen für Hochkultur ebenso wie für Arbeits- und Alltagskultur; sowie Nachhaltigkeit – ausgehend vom Fokus auf die sozialen Aspekte hin zu einem umfassenden Verständnis von nachhaltigem Bauen. Dazu laden sie unterschiedliche Akteure, Mitarbeiter und Teammitglieder ein, die nicht nur Snøhettas Werk, sondern auch das aktuelle Architekturschaffen kommentieren und so zu einem breiten Diskurs beitragen sollen. Die Künstlerin Andrea Lüth hat die Sonderausgabe mit Grafiken illustriert.

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Tungestølen Tourist Cabin (c) Jan M. Lillebø

Vita Snøhetta

Snøhetta ist stilprägend, obwohl das interdisziplinäre Team keinen wiedererkennbaren Stil pflegt: Das Büro, das neben dem „Mutterhaus“ in Oslo mittlerweile Studios in New York, Innsbruck, San Francisco, Paris, Hong Kong und Adelaide unterhält, beeinflusst derzeit die zeitgenössische Architektur wie kaum jemand anderes.

Markenzeichen der Norweger sind die intensive Auseinandersetzung mit dem Kontext, starke Konzepte und ein Verständnis von Architektur als gebaute Landschaft, das oftmals in einem „topografischen“ Ansatz mündet: Ihr gefeiertes Opernhaus in Oslo kann wie ein Berg bestiegen werden – Rampen und Treppen führen bis auf den höchsten Punkt des Daches, von wo aus sich ein weiter Blick über den Hafen der Stadt bietet. Immer wieder entwerfen Snøhetta Gebäude und Stadträume, die weltweit Aufmerksamkeit erfahren: sei es ihr Museum auf dem Ground Zero in Manhattan, sei es die Neugestaltung des Times Square oder sei es das Unterwasserrestaurant „Under“ an der norwegischen Küste, das den Gästen einen spektakulären Blick unter den Meeresspiegel erlaubt.

Die Beziehung zwischen Architektur und Natur ist Leitmotiv der Arbeit von Snøhetta, die ihr Büro nach einem Berg im Dovrefjell-Nationalpark benannt haben. So haben die Architekten immer wieder in ihrer Laufbahn gleichermaßen aufregende wie spartanische Schutzhütten und Unterstände in den Weiten der norwegischen Landschaft gestaltet. Am anderen Ende der Skala entwirft das Büro mit seinen inzwischen über 250 Mitarbeitern Projekte wie das Hauptquartier der Le Monde-Gruppe in Paris, das gerade fertiggestellt wurde, oder die neue Oper von Shanghai.

Snohetta-Gründungspartner Kjetil Trædal Thorsen im Gespräch mit BAUMEISTER-Chefredakteur Dr. Fabian Peters

Fabian Peters: Kjetil, was hat euch daran gereizt, eine Ausgabe des BAUMEISTER zu kuratieren? 

Kjetil Trædal Thorsen: Der BAUMEISTER ist eine sehr gute und anerkannte Zeitschrift, die viele Leute erreicht. Uns hat sich hier eine Bühne eröffnet, auf die wir Leute aus unserem Team einladen und ihnen eine Stimme geben konnten. Dadurch nimmt das Heft verschiedene Blickwinkel ein, was es sehr lebendig und abwechslungsreich macht. Außerdem hat die Künstlerin Andrea Lüth es mit Grafiken illustriert. Meiner Meinung nach wird das Heft wirklich eine ganz besondere Ausgabe werden. Das Beste ist natürlich, dass ihr uns das überhaupt habt machen lassen. 

Fabian Peters: In deinem Essay, der sich am Anfang des Hefts befindet, schreibst du, dass jedes einzelne Projekt bei Snøhetta immer mit einem sehr aufwändigen Prozess der Kontextualisierung beginnt. Ich fand das interessant und habe mich gefragt, wie ihr mit der Komplexität umgeht, die sich ja zwangsläufig aus dieser umfangreichen Kontextualisierung ergibt? 

Kjetil Trædal Thorsen: Wenn wir Kontext in einem weiter gefassten Sinne verstehen, geht es nicht unbedingt nur um das eingeschränkte Verständnis eines historischen oder kulturellen Kontextes, vielmehr können wir einen Aspekt durchaus bis in die Details untersuchen, wie zum Beispiel die Betrachtung einer bestimmten einzelnen Blume. Es kann etwas Eigenartiges und Einmaliges sein. Ich führe manchmal das Beispiel an, dass, um sich eine Vorstellung von einer Autobahn zu machen, die meisten Leute gerne wissen wollen würden, wie viele Autos auf dieser Autobahn fahren. 

Wir können uns aber genauso gut auch nur mit der Frage befassen, wie viele rote oder blaue Autos auf dieser Autobahn fahren. Das heißt, wir gehen mit unseren Erkundungen in eine etwas andere Richtung und schauen, wie wir in der Zukunft einen Ort interpretieren würden. Die Unterscheidung zwischen dem Subjektiven und Objektiven ist, wie Du weißt, in der Architektur schwer zu treffen. Wir versuchen die objektiven Wahrheiten zu subjektivieren, um so die Neuerfindung eines Ortes allmählich einzukreisen. Oder wir führen einen neuen Kontext ein, in dem eine mögliche zukünftige Nutzung oder Architektur stattfinden kann. In gewissem Maße ist die Komplexität selbst ein Ergebnis und wir müssen diese Komplexität nicht zwangsläufig simplifizieren, zumindest nicht auf eine populistische Art und Weise. Vielmehr geht es darum, den Kern dieser Komplexitäten zu verstehen, sodass wir faktisch einige Aspekte dieser breiteren, tiefer gehenden und kontextuellen Betrachtung konzeptualisieren können. Das heißt, wir vereinfachen im Hinblick auf ein Verständnis, das uns voranbringt, sodass wir ein Design für diesen Ort oder diese Location entwickeln können. Es handelt sich dabei um einen fortdauernden Prozess der Bewertung vorhandener Information und des Kontexts, wie dieser Kontext interpretiert wird und wie er in das Konzept für ein mögliches Design einfließen kann. 

Die kollektiven Beiträge unserer Mitarbeiter machen den Unterschied 

Fabian Peters: Werden Architekten denn an der Universität auf eine solche Aufgabe vorbereitet? Erlernen sie dort diese Form von Kontextualisierung oder müsst ihr ihnen das erst beibringen, wenn sie anfangen für Snøhetta zu arbeiten? 

Kjetil Trædal Thorsen: Das ist von Hochschule zu Hochschule anders. Momentan beschäftigen wir Mitarbeiter aus mehr als 14 Ländern in unseren verschiedenen Büros. Ein Aspekt der Idee ist ja, dass man die Aufgabe aus unterschiedlichen Richtungen angeht. Wenn man einen Berg verstehen möchte, muss man ihn von unterschiedlichen Seiten erklimmen. Wenn wir nun ein Projekt mit einem Berg vergleichen, dann gilt das ebenso. Wir brauchen Leute, die den Berg von unterschiedlichen Seiten besteigen. Einige Anfänger kennen bereits die tieferen Implikationen einer kontextuellen Lesart und Analyse, einige eben nicht. Und nicht alle müssen das können. Es ist nicht so, dass alle Alles können müssen. Uns sind vielmehr die kollektiven Beiträge aus verschiedenen Richtungen viel wichtiger, die zusammenfließen und am Ende haben wir dann ein Design, ein Objekt oder eine Landschaft. Das ist meines Erachtens wesentlich und eine positivere Form der Herangehensweise, denn in Wirklichkeit ist es doch so, dass es manchmal auch von Vorteil ist, etwas nicht zu wissen. Nicht auf eine naive Weise, sondern einfach, weil bestimmte Prioritäten mitunter durch Vorwissen überlagert werden. Dadurch gehen mitunter andere Teile einer Wissensbasis verloren – ein ganzheitliches Verständnis etwa, ein tiefergehendes Gespür, oder die Fähigkeit, durch assoziatives Denken zu Lösungen zu gelangen. Alle diese Aspekte kommen auf eine sehr komplizierte Weise zusammen. Also, um die Frage zu beantworten: Wenn jemand gerne die tiefere kontextuelle Situation eines Ortes verstehen lernen möchte, dann bringen wir ihm das natürlich bei. Wenn er dieses Interesse nicht hat, dann eben nicht. 

Das komplette Interview finden Sie auf snohetta.baumeister.de.

Kjetil Trædal Thorsen (c) Snøhetta

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